OLG München – Grabbing ist wettbewerbswidrig

Gerne geht einem Domain-Rechtsstreit eine Abmahnung voraus. Die Kosten hat in der Regel der Abgemahnte zu tragen. Dem OLG München (Urteil vom 05.10.2006, Az.: 29 U 3143/06) stellte sich die Frage nach dem Ersatz von Abmahnkosten bei Domain-Grabbing. Es kam zu einem interessanten Ergebnis.

Der Kläger mahnte den Beklagten wegen einer Kennzeichen- und Namensrechtsverletzung ab, da dieser zeitweise Inhaber der vom Kläger genutzten Domain-Namen fwt-koeln.de war, unter welcher der Beklagte Internetnutzer unter anderem auf kostenpflichtige, pornographische Seiten weiterleitete. Der Beklagte gab zwar die strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich jedoch, Kosten zu tragen. Der Kläger begehrt nun die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten vom Beklagten, und bekam von Seiten des LG München I in erster Instanz Recht (Urteil vom 04.04.2006, Az. 33 O 15828/05), allerdings nicht aus den von ihm bezeichneten Gründen heraus. Das Gericht sah keine kennzeichenrechtliche Verletzung. Der Beklagte nutzte die Domain lediglich als Adresse für den Zugang zu Internetseiten, die mit den Kennzeichen des Klägers in keinerlei Zusammenhang standen. Allerdings sei die Geltendmachung der vorgerichtlichen Abmahnkosten berechtigt, §§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG, denn zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, da der Beklagte die zuvor vom Kläger genutzte Domain seinerseits genutzt habe. Damit stellte er sich in Konkurrenz zum Kläger, der Inhaber des Unternehmenskennzeichens ist. Diesem Konkurrenzverhältnis stehe weder entgegen, dass der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt nicht mehr Inhaber des Domain-Namens war, noch dem zwischen den Parteien strittigen Umstand, dass er die Domain vielleicht freiwillig aufgegeben habe. Der Beklagte sprach über die Domain gezielt Kunden des Klägers an. In Summa konstatierte das Landgericht, liege ein besonders dreister Fall des Domain-Grabbing vor, da der Beklagte eine bereits genutzte Domain unter Missachtung jeglicher schutzwürdiger und berechtigter Interessen des vormaligen Domain-Inhabers für eigene Zwecke nutzte. Bei dem Erstattungsanspruch handele es sich um die erforderlichen Aufwendungen im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Beklagte Berufung ein. Aus seiner Sicht lag kein Wettbewerbsverhältnis vor. Da die Domain von jedermann hätte neu registriert werden können, liege auch kein wettbewerbswidriges oder sittenwidriges Verhalten vor. Doch das OLG München bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Es konstatiert wie schon das LG München I ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, das auf dem Behinderungswettbewerb fußt. Dieser stelle sich ein, wenn die Registrierung und Aufrechterhaltung einer Domain keinen sachlichen Bezug zu einem damit in Zusammenhang stehenden eigenen Waren- oder Dienstleistungsangebot erkennen lässt, sondern dies ausschließlich dem Zweck dient, unter Behinderung des Mitbewerbers den die Domain aufrufenden Interessenten auf scheinbar willkürlich ausgewählte kostenpflichtige Internetseiten weiterzuleiten. Die Parteien stünden hier auch im Wettbewerb, da durch das Handeln des Beklagten schützenswerte Interessen der Klägerin negativ betroffen werden konnten, und der Wettbewerb dadurch zum Nachteil des letzteren verfälscht bzw. beeinträchtigt werden konnte. Die Beeinträchtigung ergab sich hier bereits aufgrund des gezielten Ansprechens von Kunden der Klägerin durch den Beklagten. Gerade darin liegt eine gezielte wettbewerbswidrige Behinderung des Klägers (§ 4 Nr. 10 UWG).

Zwar ist die Registrierung eines frei gewordenen Domain-Namens für sich keine wettbewerbswidrige Behinderung. Ein wettbewerbswidriges Verhalten kann sich allerdings aus den Umständen ergeben, die über die bloße Registrierung hinausgehen; indem der Beklagte den Kläger an der Nutzung der Domain, die er vorher als Kennzeichen genutzt hat, hinderte, erfüllte er den notwendigen zusätzlichen Umstand. Der Beklagte verfolgte mit der Nutzung der Domain, auf seine Seiten mehr Besucher zu bekommen. Er erwartete Kunden des Klägers, die auf dessen vormalige Domain zugreifen würden und die er dann auf seine Seiten weiterleitete, um dann an den dort erhobenen Nutzungsgebühren partizipieren zu können. Damit wurde der Kläger einerseits gehindert, die Domain selbst zu nutzen, und andererseits drohte die Gefahr, durch die „Negativwerbung“ Kunden zu verlieren oder Interessenten nicht zu gewinnen. Der Beklagte musste also die Kosten der Abmahnung tragen. Und das OLG München hat der Frage nach der Haftung für Domain-Grabbing eine neue Facette abgerungen.

Weitere Informationen unter:
http://www.domain-recht.de
und http://www.united-domains.de

Quelle: Domain-Newsletter #363 von domain-recht.de

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